Weiterbildung muss sein, und dieses Jahr ‚gönnten‘ wir uns eine ganz besondere und flogen zur fünfzehnten International Mobility Conference nach Montréal. Vier Tage vollgepackt mit Vorträgen, Workshops, Neuigkeiten und Informationen im Bereich Mobilität blinder und sehgeschädigter Menschen. Auch wenn das Thema Führhund nicht im Zentrum der Fortbildung stand, waren doch einige Vorträge, vor allem von australischen, amerikanischen, britischen und kanadischen Kollegen angeboten.
Besonders interessant für uns waren auch die praktischen Erfahrungen. Unser erster Workshop “Mastering the environment through audition, kinesthesia and cognition: An O&M approach to guide dog travel” führte uns ans Institut Nazareth & Louis Braille (inlb), dem einzigen Rehabilitationszentrum in Quebec, das sich ausschließlich auf die Arbeit mit sehbehinderten Menschen spezialisiert hat. Als Eigenerfahrung unter der Augenbinde wurden uns deren Ansätze zur Mobilitätsschulung angehender Führhundhalter näher gebracht.
Highlight der Veranstaltung war für uns aber eindeutig der Besuch der MIRA-Guide Dog Foundation, die sich als derzeit einzige Führhundschule weltweit präsentiert, die ein überaus erfolgreiches Programm zur Versorgung blinder Kinder und Jugendlicher anbietet. In enger Zusammenarbeit mit dem inlb werden Kinder ab einem Alter von 11 Jahren in Sommercamps ganz spielerisch an den Hund und die Führhundhaltung herangeführt, und es wird gründlich abgeklärt, ob die Voraussetzungen für eine Versorgung in jedem Einzelfall gegeben sind. Ist das Ergebnis positiv, geht in der Regel nochmal ein Jahr ins Land, während dem die Kinder aber von ihren Mobilitätslehrern bereits auf die Mobilität mit dem Führhund vorbereitet werden. Dann erst erfolgt der vierwöchige Einschulungslehrgang an der Schule. Diese Kombination scheint ein echter Knackpunkt zu sein, und es war faszinierend und sehr eindrücklich, zu erleben, mit welcher Begeisterung der Gründer der Schule Éric St-Pierre , seine Mitarbeiter und auch die Vertreterinnen des inlb von diesem Programm berichten. Auf die Entwicklung der blinden Kinder scheinen die Führhunde unglaublich positiven Einfluss zu haben. MIRA hat in den letzten Jahren auch ein Programm für Rollstuhlbegleithunde und als jüngstes Kind ein Programm für autistische Kinder aufgebaut.
Die Hunde stammen aus eigener Zucht. Ausgehend von der Kreuzung Labrador x Berner Sennenhund wurde aus der F2-Generation ein überaus leichtführiger, sanfter und sehr kuschliger Hund herausgezüchtet, der aussieht wie ein etwas kleinerer und sportlicherer Berner Sennenhund in schwarz-weiß, und der dann nach seinem Erfinder „St-Pierre-Dog“ genannt wird. Aber auch die beiden Ausgangsrassen und die F1-Generation werden sehr häufig eingesetzt.
Wir waren einigermaßen beeindruckt, um nicht zu sagen sprachlos, als uns drei der Trainer ihre Hunde präsentierten. Jeder kam mit einer Traube von 5 bis 8 Hunden über den Campus geschlendert, die Hunde ohne Halsband und Leine, alles in allem zählten wir 23 Tiere, die dann vor der Besuchergruppe abgelegt wurden.
In den ersten Ausbildungswochen wird ganz viel auf dem Campus trainiert, wobei der Kontaktaufbau eine sehr zentrale Rolle einnehmen muss. Die Trainer arbeiten dann auch oft mit einem Hund im Geschirr, während der Rest der Truppe frei folgt, immer fast auf Körperkontakt. In diesen ersten Wochen wird dann auch entschieden, welchem der Programme ein bestimmter Hund zugeführt wird. Der Besuch bei MIRA hat uns sehr neugierig gemacht und eindeutig die Lust auf mehr geweckt…
Nach vier vollbepackten Kongresstagen blieben uns noch eineinhalb Tage, um Montréal zu erkunden, einer sehr bunten und lebendigen Stadt. Botanischer Garten, Olympiastadium, Altstadt und Zirkusfestival, dann war es auch schon wieder Zeit, nach Hause zu fliegen und die eigenen Vierpfötler einzusammeln. Jetlag? Keine Zeit!
Programm und Abstracts zur 15. International Mobility Conference gibt es auf der Website www.imc15.com