"Ende November 2008 wird uns der kleine Prinz Giglio gebracht. Vom ersten Tag an, hängt er wie eine Klette an uns. Seine kleine Majestät, wir stellen nach kurzer Zeit fest, dass er etwas königliches hat, lernt schnell und immer mit großer Freude. Er führt von klein auf die Befehle sehr gut aus. Zu den Menschen, denen wir begegnen ist er freundlich und anderen Hunden wird gerne über die Nase geleckt. Mit anderen Hunden legt er sich nicht an. Wenn die Hündinnen ihm zeigen, dass sie keine Lust zum Spielen haben, akzeptiert er es gelassen und geht seines Weges.
Bei Besuchen in anderen Wohnungen oder Häusern, Gärten, Feste der Pfadfinder, Feuerwehr oder Veranstaltungen im Freien, sowie in Restaurants und bei Einladungen in Grundschulklassen, die gerne Infos über einen angehenden Blindenführhund erfahren ist Giglio sehr vorbildlich in seinem Verhalten und gern gesehen.
Er legt sich ruhig in Geschäften ab, und rührt sich nicht, bis er zum Weitergehen aufgefordert wird. Es kann wirklich sein, dass er wie erstarrt dort steht, bis er abgerufen wird. Einfach beeindruckend.
Auto-, Fähre-, Bus- und Zugfahrten sind ebenfalls interessante Aufgabengebiete. Giglio hat sich unseren und anderen Kindern gegenüber immer aufmerksam und freundlich verhalten. Er genießt die "Streifzüge" in die Nachbarschaft, die ihn ins Herz geschlossen hat.
Bei uns im Haus ist Giglio fortwährend, außer er ist müde und schläft, an unserer Seite. Es ist, als hätten wir und er einen Magneten in uns. So nah ist er neben uns, in der Küche beim kochen, beim Wäsche aufhängen, Müll hinausbringen, telefonieren. Wenn die Kinder spielen gesellt er sich zu ihnen. Sind sie in der Schule, vermisst er sie und es kommt vor, dass er zu einer bestimmten Uhrzeit zum Fenster läuft und hinaus sieht, weil es nicht mehr lange dauert, und er darf ihnen entgegen rennen. Beim Spazieren gehen überzeugt er sich nach wenigen Schritten, ob wir noch hinter ihm sind. Wenn wir uns schnell irgendwo verstecken und ihn beobachten, was er nun unternimmt, schaut er sich witternd nach allen Seiten um und dann läuft er zurück und spürt uns wieder auf. Apportieren oder etwas über eine längere Strecke im Maul zu tragen erfüllt er sehr gerne.
Wir haben nun Januar 2010 und wir trennen uns jetzt mit einem weinenden und einem lachenden Auge von Giglio. Wir durften zweimal mit ihm Weihnachten und Silvester feiern. So eine lange Zeit war er uns ein treuer, liebevoller, zuverlässiger und kluger Freund, der uns viel Freude und Spass bereitet hat. Wir kennen seine zukünftige Besitzerin, die er mal als Blindenführhund begleiten wird und deshalb freuen wir uns für die zwei.
Wir wünschen Giglio eine schöne erfolgreiche Ausbildungszeit."
Am 25. Mai 2010 absolviert der kleine Streber nach nur vier Monaten Ausbildung die JUG-Qualitäts- und Leistungsprüfung für Führhunde am Ende der Ausbildung. Das hat vor ihm bei uns noch keiner geschafft (und auch noch keiner probiert). Als Ausbilderin konnte ich mir den Versuch einfach nicht verkneifen, nachdem der große Schwarze seine Arbeit bereits so zuverlässig ausführte. Diese Prüfungen werden von erfahrenen blinden Prüfern, selbst langjährigen Führhundehaltern, in dem Prüfer sehr gut vertrauter aber für den Hund unbekannter städtischer Umgebung abgenommen. Giglio's Prüfungsstrecke führte mitten durch die Freiburger Innenstadt samt Bahnhof und beinhaltete auch die Benutzung von Straßenbahn und Zug. Der Gesamteindruck des Prüfers: "Extrem begabter Rüde mit großer Führ- und Kooperationsfreude. Bereits während der Prüfung zeigte Giglio ein außergewöhnlich hohes Maß an Routine und Umsichtigkeit. Gleichzeitig blieb er leichtführig und sensibel. Ein echter Vollblutführhund mit enormem Potential!"
Wir gratulieren Giglio's Züchterin Ingrid Feitl (Beaverlodges Labradors) zur Zucht eines so großartigen Hundes, danken seiner Patenfamilie für die tolle Frühförderung und sind natürlich auch selbst ein wenig stolz! Vor Beginn des Einschulungslehrgangs bekommt Gilio jetzt trotzdem nochmal einige Wochen Zeit, um das Gelernte weiter zu festigen und noch mehr Routine aufzubauen. Anfang August soll er sich dann zusammen mit seiner zukünftigen Halterin Christine im Alltag bewähren. Sie freut sich schon...
14.7.2010: der große Tag ist da: Christine reist an den Bodensee um den großen Schwarzen in Empfang zu nehmen und mit dem Einschulungslehrgang zu beginnen. So schnell sind die beiden vertraut miteinander und arbeiten zusammen wie alte Hasen. Giglio weiß unmittelbar, wo er in Zukunft hingehört, die Umstellung auf den neuen Menschen ist wie selbstverständlich und ohne jeden Stress für ihn. Das freut auch die Ausbilderin, die dann ebenfalls gerne loslässt und den liebgewonnen Schüler gerne ziehen lässt. Eine Woche lang wird fleissig geübt und das gesamte Führprogramm abgespult. Ausgedehnte Spaziergänge im Wald, Kontaktübungen im Freilauf, gemeinsames Abkühlen im Bach und Schwimmen im Bodensee schaffen den Ausgleich zur anstrenden Führarbeit, vertiefen die Beziehung und gegenseitige Anerkennung und helfen nicht zuletzt, trotz Extremtemperaturen einen klaren Kopf zu behalten. Zum Abschluss der ersten Woche bekommen wir noch Besuch von Giglio's Patenfamile. Da ist die Freude groß auf allen Seiten, auch wenn bei dem einen oder anderen eine versteckte Träne weggewischt wird. Denn jetzt ist der Zeitpunkt tatsächlich da, wo das Hundekind und vierbeinige Familienmitglied mit seiner neuen Partnerin in die große Welt hinauszieht. Ein Wiedersehen gibt es aber wohl bereits im Herbst, wenn die beiden zum Fortbildungsseminar wieder an den Bodensee kommen. Auf Wiedersehen, Giglio!
Ein Familienfoto zum Abschied: von links nach rechts: die alte Amy, die jetzt ihre Rente genießen darf , Christine, Giglio, Suniva, Stefan, Birgit und Romeo, Giglio's Nachfolger als Patenhund.